Wer länger als ein paar Wochen als Copywriter unterwegs ist, kennt das Gefühl: Du öffnest ein neues Briefing und hast sofort das Gefühl, jemand hätte dir einen zerknitterten Zettel mit Kaffeefleck hingelegt. Unklar, wirr oder gleich ganz ohne Inhalt. Keine Zielgruppe, kein greifbares Angebot, nicht mal ein Gefühl, wer überhaupt angesprochen werden soll. Nur ein vages „Mach’s halt gut.“ Und trotzdem ist da oft dieser Impuls, es doch zu machen. Vielleicht ist das Logo bekannt. Vielleicht brauchst du gerade den Auftrag. Vielleicht redest du dir ein, dass du es irgendwie schon hinkriegst. Aber ganz ehrlich: Schlechte Briefings führen fast nie zu guten Ergebnissen. Sie saugen dir die Energie raus, verwirren den Fokus – und enden oft in ellenlangen Mails, die keiner mehr lesen will. Nein zu sagen hat nichts mit Arroganz zu tun. Es ist gesunder Selbstschutz. Also, wie lehnt man ab – ohne Drama?
Früh genug merken, wo’s knirscht
Du kannst nichts ablehnen, wenn du es nicht als Problem erkennst. Die ersten Anzeichen sind meist glasklar: keine klar definierte Zielgruppe, eine Tonalität, die in alle Richtungen schießt, keine konkreten Ziele, und Timings, bei denen man sich fragt, ob die Auftraggeber in einer anderen Zeitzone leben. Wenn du schon beim Lesen ständig denkst: „Was wollen die eigentlich?“, dann ist das ein Warnsignal.
Retten oder lieber lassen?
Nicht jeder wackelige Projektstart muss gleich das Ende bedeuten. Viele Kund:innen wissen schlicht nicht, was in ein gutes Briefing gehört. Da kommst du ins Spiel. Stell ein paar kluge, aber charmante Fragen: Wer liest das später? Wie soll es klingen? Was soll nach dem Lesen passieren? Was hat in der Vergangenheit nicht funktioniert? Oft reichen fünf Minuten Rückfrage, und schon wird aus dem Chaos etwas, mit dem sich arbeiten lässt.
Nicht nur tippen – mitdenken
Wenn dir regelmäßig halbgares Briefingmaterial ins Postfach flattert, überleg mal, ob du daraus eine kostenpflichtige Leistung machen willst. Nenn es Strategiegespräch, Kickoff-Call oder einfach „Texter-Vorgespräch“. Zum Beispiel: „Das klingt spannend, aber um wirklich was Gutes draus zu machen, bräuchten wir ein kurzes Gespräch. Ich biete 30-minütige Sessions für €X an – der Betrag wird bei Projektstart verrechnet.“ So schreibst du nicht nur – du hilfst, die Richtung zu finden. Und wirst dafür bezahlt.
Nein sagen ohne Brücken abzureißen
Manchmal passt’s einfach nicht. Vielleicht sind die Anforderungen zu starr, vielleicht hört niemand zu, vielleicht sagt dein Bauch: Lass es. Aber das muss nicht gleich die Tür zuschlagen. Formuliere freundlich, aber klar: „Ich glaube, das ist aktuell nicht das richtige Projekt für mich.“ Oder: „Mit dem jetzigen Stand des Briefings könnte ich nicht garantieren, dass das Ergebnis Ihren Erwartungen entspricht.“ Das ist kein endgültiges Nein. Eher ein: Jetzt nicht, aber vielleicht später.
Gib Werkzeuge an die Hand – statt nur Kritik
Manche Kund:innen brauchen kein Nein – sie brauchen Anleitung. Wenn du ein Briefing-Template hast, das sich bewährt hat, teile es. Oder bau ein Google-Formular mit den Fragen, die du brauchst, um starten zu können. Damit lehnst du nicht nur höflich ab – du zeigst ihnen, wie’s nächstes Mal besser klappt. Und wer weiß: Vielleicht melden sie sich wieder – vorbereitet.
Lass dich nicht vom Zeitdruck überrollen
„Wir brauchen das bis morgen“ heißt oft: „Wir haben keine Planung gemacht.“ Das bedeutet nicht, dass du retten musst, was nicht zu retten ist. Sondern: Du erklärst, was realistisch möglich ist. Ehrlich sagen: „Ich helfe gern – aber dafür brauche ich mehr Zeit und ein paar wichtige Infos.“ Die Kund:innen, die dich schätzen, verstehen das. Die anderen – na ja, besser jetzt als später.
Fokus statt Frust
Jedes „Ja“ frisst Zeit und Denkkapazität. Ein Ja zu einem Chaos-Briefing ist oft der erste Schritt in Richtung Frustspirale, Nachtarbeit und innerlichem Fluchen. Gute Texter:innen hauen nicht nur Wörter raus. Sie denken, strukturieren, formen Ideen. Dafür braucht es ein Setup, das mitzieht. Deine Energie ist endlich – setz sie dort ein, wo sie etwas bewirkt.
Zum Schluss
Schlechte Briefings sind keine Seltenheit. Aber du musst sie nicht stillschweigend schlucken. Stell die richtigen Fragen. Biete Klarheit, wenn du kannst. Und zieh dich höflich zurück, wenn du musst. Denn jedes Mal, wenn du „Nein“ zu Chaos sagst, machst du Platz für Arbeit, die wirklich fließt.