Was tun, wenn der Kunde selbst nicht weiß, was er will?

Was tun, wenn der Kunde selbst nicht weiß, was er will?

Wenn du schon ein wenig Erfahrung als Texter:in hast, kennst du dieses Szenario bestimmt: Ein:e Kund:in meldet sich mit dem Wunsch nach „irgendeinem Text“ – aber ohne klare Vorstellung davon, was genau, für wen oder mit welchem Ziel. Vage Formulierungen wie „es soll professionell, aber nicht trocken klingen“ stehen plötzlich im Raum, und du sollst daraus ein fertiges Konzept machen.

Doch Unklarheit bedeutet nicht Unfähigkeit. Viele Auftraggeber:innen sind einfach überfordert, ihnen fehlen die Worte oder der rote Faden. Genau hier kommst du ins Spiel – nicht nur als Texter:in, sondern als Wegweiser:in.

Dieser Artikel zeigt dir, wie du mit Ruhe, Struktur und einem klaren Kopf selbst die unentschlossensten Kund:innen sicher zur Textidee führst – ohne dich in endlosen Rückfragen zu verlieren.

Warum Unklarheit nichts mit Inkompetenz zu tun hat

Bevor du frustriert wirst, hilft ein Perspektivwechsel. Viele Kund:innen sind keine Kommunikationsexpert:innen – und das ist auch nicht ihr Job. Dass sie keine klaren Vorgaben machen können, kann viele Gründe haben:

  • Sie sind zu tief im Thema und haben „Betriebsblindheit“.
  • Sie haben noch nie mit einem:einer Texter:in gearbeitet und wissen nicht, was sie erwartet.
  • Ihr Angebot oder Produkt befindet sich noch in der Findungsphase.
  • Sie haben Angst, etwas falsch zu machen, und zögern jede Entscheidung hinaus.
  • Diese Unsicherheit ist selten böser Wille – und niemals ein Zeichen für deine mangelnde Kompetenz. Sie ist vielmehr eine Einladung, Verantwortung zu übernehmen und den nächsten Schritt zu ebnen.

Sicherheit schaffen durch konkrete Vergleiche

Wenn jemand keine klare Vorstellung hat, hilft die Frage „Wie soll der Tonfall sein?“ in der Regel wenig. Besser ist es, greifbare Alternativen anzubieten: „Eher sachlich wie bei Apple oder locker wie bei Mailchimp?“ Das schafft Orientierung.

Auch hilfreich: Das Gegenteil abfragen. Zum Beispiel: „Was soll der Text auf keinen Fall vermitteln?“ Solche Fragen geben oft mehr preis als vage Wunschformulierungen.

Viele Menschen tun sich leichter, auf etwas zu reagieren, als etwas aus dem Nichts zu kreieren. Deine Aufgabe ist es, diesen Impuls zu liefern.

Ordnung ins Gedankenchaos bringen

Manche Kund:innen schicken dir Memos, lose Stichpunkte, Sprachnachrichten oder Screenshots mit Kommentaren wie „Irgendwie sowas vielleicht?“. Was auf den ersten Blick wie ein Durcheinander wirkt, enthält oft wertvolle Hinweise.

Statt dich davon abschrecken zu lassen, nutze die Gelegenheit: Fasse das Gehörte in deinen Worten zusammen. So zum Beispiel:

„Wenn ich das richtig verstehe, möchten Sie einen Text, der X bewirkt, sich an Y richtet und vom Ton her eher Z entspricht. Stimmt das so?“

Wenn du das Chaos strukturierst, fühlen sich Kund:innen abgeholt – und oft erleichtert. Sie müssen nicht perfekt formulieren, sondern du hilfst ihnen, ihre Gedanken zu sortieren.

Grenzen freundlich, aber klar kommunizieren

Unklare Erwartungen führen fast immer zu unklaren Prozessen. Um nicht in eine Endlosschleife aus Feedbackrunden und nachträglichen Kurswechseln zu geraten, ist es wichtig, von Anfang an den Rahmen zu stecken.

Ein Beispiel für eine kundenfreundliche Formulierung wäre:

„Sobald wir die Richtung abgestimmt haben, erstelle ich einen ersten Entwurf mit bis zu zwei Korrekturschleifen. Sollte sich die Tonalität oder das Ziel zwischendurch grundlegend ändern, besprechen wir gern gemeinsam ein neues Angebot.“

Das schützt nicht nur deine Zeit, sondern vermittelt auch Professionalität und Erfahrung. Viele Auftraggeber:innen sind für solche Klarheit dankbar – sie merken oft erst dann, wie viel Orientierung sie selbst brauchen.

Aktives Zuhören statt nur Abnicken

Echte Kommunikation entsteht nicht dadurch, dass du schweigst, während dein:e Kund:in spricht. Es geht darum, das Gemeinte hinter dem Gesagten zu verstehen. Wenn jemand etwa sagt: „Wir wollen einen mutigen, aber trotzdem seriösen Text“, klingt das zunächst widersprüchlich. Aber du kannst die Aussage aufgreifen und rückspiegeln:

„Sie wünschen sich also eine selbstbewusste, moderne Sprache, die gleichzeitig Vertrauen bei eher klassischen Zielgruppen schafft – liege ich da richtig?“

Solche Rückfragen zeigen, dass du wirklich zuhörst. Und genau das öffnet oft die Tür zu echter Zusammenarbeit. Viele Menschen sind erleichtert, wenn sie merken: „Diese Person versteht mich – sogar besser, als ich mich selbst ausdrücken kann.“

Struktur statt Brainstorming

Kund:innen, die keine klare Idee haben, reagieren oft gestresst, wenn man sie bittet, einfach mal loszulegen. Gib ihnen stattdessen eine einfache Struktur, an der sie sich entlanghangeln können.

Ein Beispiel:

  • Ziel – Was soll der Text konkret bewirken?
  • Zielgruppe – Wer liest das, und was ist diesen Menschen wichtig?
  • Ton – Wie soll der Text klingen? (z. B. freundlich, direkt, seriös)
  • Handlung – Was soll der Leser oder die Leserin danach tun?

Selbst wenn sie nicht auf alles sofort eine Antwort haben, entstehen so oft klare Anhaltspunkte. Und genau das ist die Grundlage für gute Textarbeit.

Wenn ein Projekt (noch) nicht reif ist

In seltenen Fällen helfen auch strukturierte Fragen nicht weiter. Wenn eine Person alle Vorschläge ablehnt, nie ins Detail geht und die Richtung bei jedem Gespräch ändert, darfst du ein Projekt auch mal vertagen.

Das geht höflich und professionell, etwa so:

„Ich habe den Eindruck, dass es intern noch Klärungsbedarf gibt. Sobald die inhaltliche Richtung steht, bin ich gern wieder an Bord.“

Das ist kein Rückzug, sondern ein Zeichen von Selbstachtung – und oft auch eine Entlastung für die andere Seite.

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